Kontroversen

Wenn Sie dem Muslim nicht nur ein Traktat überreichen, in einer Schule lehren oder in einem Krankenhaus arbeiten, sondern bereit sind, sich selbst aktiv am Ringen um die Verbreitung des Evangeliums zu beteiligen, dann werden Sie sich vielleicht fragen, wie Ihre Haltung dem Muslim und seiner Religion gegenüber eigentlich sein sollte. Sollte es eine kritische Haltung sein oder nicht? Sollte sie polemisch sein oder nicht? Sollten Sie versuchen, Ihre Botschaft dem allgemeinen Hintergrund des Muslim anzupassen, oder nicht? Sollten Sie Wahrheiten in seiner Religion anerkennen oder nicht?

 

in einer Hinsicht ist Ihre Stellung bestimmt einzigartig: Während alle anderen Religionen naturbezogen sind und keine historische Verbindung zum Christentum haben, ist der Islam (wie das Judentum) prophetisch und hat eine enge historische Verbindung zum Christentum. Deshalb betrachten viele Leute, die sich mit dem Islam beschäftigen, ihn als einen häretischen Abkömmling des Christentums. Sicherlich wird ihre Haltung gegenüber jeglicher Form von Christentum, die in Ihren Augen häretisch ist, sich entschieden von Ihrer Haltung gegenüber z.B. dem Shintoismus oder Konfuzianismus unterscheiden. Ein fanatischer Anti-Katholik z.B. wird seine Gefühle nicht zurückhalten, wenn er über den römischen Katholizismus diskutiert; wohingegen er wahrscheinlich kühl, Überlegt und objektiv bleibt, wenn der Hinduismus zur Diskussion steht. Psychologisch gesehen ist das ganz natürlich. Wenn Sie einen Bruder oder Cousin hätten, der das schwarze Schaf in der Familie ist, würden Sie sich bestimmt mehr darüber ärgern, als wenn irgendein Nachbar von nebenan ein schwarzes Schaf in der Familie hätte, mit dem er fertig werden müsste. Ob man nun das Recht hat, den Islam als einen häretischen Abkömmling des Christentums zu bezeichnen oder nicht: Tatsache ist, dass jeder Berührungspunkt mit dem Islam zu einem Kollisionspunkt wird.

 

Zunächst wenden wir uns der Frage der Kritik zu. Wie Sie den Muslim behandeln, so behandelt er auch Sie. Das ist eine Sache auf Gegenseitigkeit. Es gibt wohl kaum eine bedrückendere Szene als die, wenn ein Christ und ein Muslim sich im Blick auf ihr Verhalten und ihre Überzeugungen gegenseitig am Zeug flicken. Auf der anderen Seite gibt es bei toleranten Leuten oft (als feststellbare Reaktion auf diese Art von Kritik) ein ziemlich oberflächliches, wenig realistisches Lob auf gewisse Elemente oder Lehren im Islam oder im Verhalten der Muslime. Greifen Sie nur einmal folgendes Beispiel heraus: Im Islam gibt es eine Lehre der Brüderlichkeit, die von westlichen Schriftstellern oft bedingungslos gepriesen wird. Dennoch weiß jeder, der diese Brüderlichkeit in der Praxis gelebt hat, dass sie ein einfaches System gemeinsamer Selbsterhaltung ist, weiter nichts. Der mit dem Christentum ein wenig vertraute Muslim wird Ihnen mit Recht sagen, dass auch das Neue Testament eine Brüderlichkeit lehrt, die sich auf des Glaubens Genossen richtet. Mit anderen Worten, er wird die christliche Brüderlichkeit kritisieren und ihr am Zeuge flicken auf die gleiche Art, wie Sie an seiner islamischen Brüderlichkeit herumkritteln.

 

Sie können aber Kritik ebenso wenig umgehen, wie ein Arzt die Diagnose unterlassen kann, bevor er mit der Therapie beginnt. Es gibt jedoch eine sehr wichtige Voraussetzung für diese Kritik: Sie müssen den nötigen Hintergrund und das erforderliche Wissen haben, um ein objektives und - mehr oder weniger – richtiges Urteil zu fällen. Um ein objektives, korrektes Urteil erreichen zu können, bedarf es einer radikalen Kritik.

 

Das Wort "radikal" ist interessant. Es kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: bis auf die Wurzel einer Sache vordringend oder von ihr ausgehend. Mit anderen Worten: Radikale Kritik dringt immer bis auf die Wurzel einer Sache vor.

 

Ein Herantreten an den Muslim auf der Basis religiöser Erfahrung ist nicht radikal und deshalb ungültig und unwirksam. Der Grund dafür ist nicht radikal und deshalb ungültig und unwirksam. Der Grund dafür ist, dass man nicht bis auf die Wurzel vordringt, sondern die Erfahrung stärker betont als die objektive Wahrheit, d.h. dass man vielmehr auf die Blüten schaut als auf die Wurzel. Blüten religiöser Erfahrung gibt es auch in anderen Religionen.

 

Wenn Sie versuchen, den Islam und die Muslime auf der Basis religiöser Erfahrung und Ethik zu kritisieren, werden Sie feststellen, dass Sie, während Sie mit einem Finger der Kritik auf den Muslim deuten, gleichzeitig drei Finger auf sich selbst und Ihre Mitchristen richten. Solche verfehlte Kritik, die Sie nur hindert, dem Muslim Ihre Botschaft verständlich zu machen, ist andererseits einfacher als echte, als radikale Kritik. Für den Muslim besteht der Islam aus zwei Teilen: Den einen Teil nennt er Islam, das ist die Bezeichnung für die ewige, objektive Wahrheit, wie sie von Mohammed offenbart wurde; den anderen Teil bezeichnet er gewöhnlich mit Muselmanin oder Din, womit die religiöse Praxis der Muslime gemeint ist. Solange Sie an dem zweiten Teil herumkritteln, wird er alle Ihre Argumente als Gerede abtun. Sie kommen mit Ihrer Botschaft bei ihm überhaupt nicht an. In dem Augenblick aber, in dem Sie tiefer dringen und den Islam kritisieren - objektiv, freundlich und mit Sachverstand - kämpfen Sie gegen etwas völlig anderes an. Genau hier, an dieser Stelle, muss der Durchbruch erfolgen. Und nur, wenn Sie Christus predigen, wie er den Islam Lügen straft, kommen Sie an die Wurzel. Der Muslim vertraut nämlich durchaus nicht entgegen einer häufig geäußerten Meinung - auf die Wirksamkeit seines Muselmani, seiner Frömmigkeitspraxis; letztlich erwartet er doch, dass er das Paradies durch den Islam, den Glauben, erlangen kann.

 

Eine zweite Frage ist die der Kontroverse. Noch vor ein paar Generationen war kräftige Polemik eine beliebte Methode, um den Muslim zu erreichen. Diese Methode war damals möglich, weil es zum einen Persönlichkeiten von großer Gelehrsamkeit gab, deren theologisches Wissen beide Religionen umfasste. Zum anderen konnte man sich dieser Methode bedienen, weil die allgemeinen Prinzipien der damaligen christlichen Theologie sehr denen der islamischen Theologie ähnelten. Das Ganze glich einem Boxkampf, bei dem die Boxer vorher gewogen werden, um sicherzustellen, dass sie ungefähr ebenbürtig sind, wobei der Kampf nach Regeln verläuft, an die sich beide Seiten halten.

 

Heutzutage und in unserer Generation hat sich die Szene, soweit es die Seite der Christen betrifft, vollkommen gewandelt. Es ist ein äußerst unglücklicher Umstand, dass sich die Methode der Annäherung während der vergangenen Jahrzehnte in diesem Sinne vollzog. Sie ist ein Kampf zwischen zwei Armeen mit verschiedenen Bannern, dem Kreuz und dem Halbmond, gewesen. Die großen Verfechter dieser Methode waren Pfander, Imad-ud-din, French, Lefroy, Rouse und Tisdall. Als Folge der Kontroverse sind erstens viele Muslime, obgleich sie eine geistige Niederlage eingesteckt hatten, noch verbitterter gegenüber dem Christentum geworden, und ihr Stolz hat sie nur weiter von Christus entfernt. Zweitens ist die Methode der Kontroverse der Anlass für die Verbreitung vieler antichristlicher Literatur, die von der muslimischen Presse herausgegeben wird.

 

Der Missionar sollte im Umgang mit den Muslimen die Kontroverse soweit wie möglich vermeiden. Er sollte seinen Dialog mit dem Muslim bei den Dingen beginnen, die sowohl dem Christentum als auch dem Islam gemeinsam sind, bei den Dingen, die der Muslim am Christentum bewundert, oder sogar bei denen, die der Missionar am Islam schätzt. Dann erst sollten die tieferen Themen des Christentums zur Sprache gebracht werden. Zunächst einmal: Was ist eigentlich eine Kontroverse? Im Lateinischen setzt sich dieses Wort aus "contra" und "versia" zusammen. In der Kontroverse legt man eine "gegensätzliche Version" dar. in dem Augenblick, in dem Sie den Mund öffnen und versuchen, Ihre Botschaft zu übermitteln, beteiligen Sie sich bereits offen oder heimlich an einer Kontroverse. Der Muslim hat eine Version, die der "Version" widerspricht, zu deren Annahme Sie ihn bewegen möchten. Es ist kindisch zu sagen: "Ergeht euch nicht in Kontroversen, sondern versucht, Menschen für Christus zu gewinnen". Der Muslim hat bereits eine "Version" von Christus; Ihre Version steht der seinen gegenüber; und er hat das gute Recht, mit Ihnen darüber diskutieren zu wollen.

 

Wir müssen eine sehr ernste und dringliche Frage stellen: Gegen was kämpfen wir eigentlich, gegen die Dummheit oder das Böse? Von Ihrer Antwort auf diese Frage hängt viel ab. Ist nicht jede Form echten Christentums in der Welt ein "Kampf"? Versteht nicht das Neue Testament unter Christentum, dass Gott das Böse vernichtet? Kann man leugnen, dass Christus selbst in gewissem Sinn Polemiker war? Mit anderen Worten: Das Böse ist kein Vakuum, kein Mangel, keine Leere und auch nicht nur Dummheit. Das Böse ist Wirklichkeit, es ist eine Kraft, ein Wunsch und Wille, etwas zu tun oder etwas zu sein. Wenn Sie das Leben Christi untersuchen, werden Sie feststellen, dass man dieses Böse, diese Dunkelheit, diese wirklich vorhandene Kraft am deutlichsten am Leben der religiösen Gemeinde in Israel beobachten kann: an den Schriftgelehrten und Pharisäern. Und gerade in bezug auf diese religiöse Gemeinde ist Christus Polemiker. Man kann sagen, dass Christus, würde er in unserer Zeit leben, sich gegenüber den mohammedanischen Pharisäern genauso verhalten hätte wie damals gegenüber den jüdischen Pharisäern. Aber die Tatsache, dass Christus in seinem Verhalten gegenüber den Pharisäern Polemiker war, besagt nicht, dass er "einen Pik" auf sie gehabt hätte. Es steht geschrieben, dass viele Pharisäer an ihn glaubten; der Apostel Paulus war z.B. ein Pharisäer. Und eines steht fest: Das Evangelium muss den Pharisäern gepredigt werden. Die Schwierigkeit dabei ist nur, dass man bei den Pharisäern wie auch bei vielen Muslimen eine klar umrissene, festgefasste Konzeption von Dingen findet - sowohl im Allgemeinen als auch im Einzelnen - die bereits in direktem Gegensatz zum Evangelium stehen.

 

In der Überlieferung heißt es, dass man ein siebenjähriges Kind die Gebete lehren sollte, dass man es im Alter von zehn Jahren zwingen sollte, diese Gebete aufzusagen, ganz gleich, ob es will oder nicht. Nun stellen Sie sich einmal vor, Sie sprächen mit einem zwanzigjährigen jungen Muslim, der seine Gebete regelmäßig aufgesagt hat (manche tun das gewissenhaft). In zehn Jahren wird er mehr als 1200 mal gesagt haben, dass die christliche Lehre von Gott nicht wahr ist - zumindest glaubt er, dass er das gesagt hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat er die Sure 112 (die im vorangegangenen Kapitel erwähnt wurde) aufgesagt, und am Schluss des Gebetes hat er dann seinen Zeigefinger erhoben und bestätigt: "Es gibt keinen Gott außer Allah". Da haben Sie nun eine "Version" - bestimmt, klar umrissen, und Ihre "Version" ist bestimmt ein "Kontra" zu seiner. Wenn Sie diesem jungen Mann verständlich machen wollen, dass man einzig und allein durch Christus Gott kennen kann, wie wollen Sie das eigentlich ohne Kontroverse erreichen?

 

Wenn Sie Ihren muslimischen Gesprächspartner also nicht zu Wort kommen lassen, werden Sie nie die Art seiner Fragen herausfinden. Lassen Sie ihn aber zu Wort kommen, so werden Sie entdecken, dass seine Frage immer ein Widerspruch zu dem ist, was Sie zu sagen haben.

 

Ein weiterer Punkt ist die Bitterkeit. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass viel von dem, was eifrige Christen sagen und tun, unnötigerweise Bitterkeit hervorruft. Sie können einem Mohammedaner, der jahrelang sein Bestes getan hat, um die schwierigen Gesetze der Religion zu halten, erzählen, dass er in den Augen Gottes nicht gottgefälliger ist als die Dirne oder der Steuereintreiber. Das ist wahr. Aber es wird diesen Mann sehr verbittern, was man ihm gar nicht übel nehmen kann. Wenn Sie ihm aber nicht gesagt haben, wie Sie zu einer solchen Aussage kommen, dann hätten Sie besser geschwiegen. Wenn Sie nicht klar und präzise sagen können, warum Sie diese Aussage machen, dann erweisen Sie mit Ihrer Aussage der Sache Christi nur einen schlechten Dienst, denn die Bitterkeit, die Ihre Feststellung hervorruft, kann nicht zur Buße führen, und das ist ein entscheidender Faktor.

 

Auf der anderen Seite muss der Durchschnittsmuslim - wenn es jemandem gelingt, ihm das Evangelium verständlich zu machen - eine Phase der Bitterkeit durchmachen. Diese Bitterkeit verursachte den Tod Christi; sie war der Grund, warum Paulus die Kirche verfolgte und warum so mancher Muslim gegen Christus kämpft.

 

Der Pharisäer im Tempel ist hier ein gutes Beispiel. Angenommen, es gäbe einen Pharisäer, der wirklich unserem Herrn zugehört hätte, als Christus diese Geschichte erzählte, was wäre dann seine natürliche, unmittelbare Reaktion? Selbstverständlich würde auch er mit Bitterkeit reagieren. Warum sollte der Sünder als Gerechter nach Hause gehen und der Heilige als Sünder? Das widerspricht dem gesunden Menschenverstand. Die einzige Möglichkeit, diese Bitterkeit zu umgehen, liegt darin, dass Sie Ihre Predigt so modifizieren, dass das Evangelium hinter einem Nebelvorhang verborgen bleibt.

 

Wir alle wissen, dass das getan wird, aber die Kraft des Evangeliums wird dadurch wirkungslos gemacht. Fürchten Sie also nicht die Bitterkeit - wenn Sie sie durch Ihre Verkündigung des Evangeliums verursacht haben. Und sorgen Sie sich nicht darum, was daraus entstehen kann. In einigen Fällen werden Sie sich einen lebenslangen Feind einhandeln, in anderen wird das Evangelium, wie bei Paulus, den Menschen an den Fuß des Kreuzes bringen. Aber das liegt allein in Gottes Hand; dort müssen Sie es auch belassen.

 

Das nächste Problem ist die Frage der Anpassung. Wie wollen Sie, vor dem speziellen geistigen Hintergrund Ihrer Umgebung, Ihre "Version", die der des Muslim bestimmt widerspricht, ausdrücken und sie ihm dennoch verständlich machen? Sie können diese Frage nicht umgehen. Hier werden Sie auf drei verschiedene Geistesrichtungen stoßen.

 

Erstens: Einige Leute behaupten, dass die Reinheit unserer Botschaft mehr oder weniger davon abhängt, dass wir die Sätze der Bibel und die Normen der Kirchen, zu denen wir gehören, verwenden. Es gibt aber kein Christentum, auch im Neuen Testament nicht, das nicht einem spezifischen, besonderen Hintergrund angepasst wäre. Jedes der vier Evangelien vermittelt uns sein eigenes Gesamtbild von Christus, weil jedes einem anderen Hintergrund angepasst ist. Die Logoslehre von Johannes ist eine Anpassung. Paulus verwendet so viel von der Sprache der Mysterienreligionen aus seiner Zeit, dass seine Kritiker eine ganze Zeit lang sogar meinten, er habe den Inhalt seiner Botschaft aus diesen Religionen bezogen. Sie werden sicherlich einsehen müssen, dass auch Ihre Konzeption vom Christentum das Ergebnis eines Anpassungsprozesses ist. Dieser Prozess kam ins Rollen, als das Christentum in die geistige Auseinandersetzung mit der griechischen Philosophie trat. Seither hat dieser Prozess viele Phasen der Wandlung durchgemacht. Deshalb ist es auch so gut wie unmöglich, das Evangelium auf irgendeine spezifische Ausdrucksform im Wortschatz und im Symbolbestand festzunageln, um seine Reinheit zu garantieren.

 

Die zweite Haltung ist genau entgegengesetzten Charakters. Hier wird die Auffassung vertreten, dass das Christentum auf seinen innersten Kern reduziert werden muss. Alle Verbrämungen durch die Sprache und Bräuche sollen abgeschafft werden. Somit wäre dann das Christentum kein Fremd-körper im Volks- und Geistescharakter dieser Menschen. Oberflächlich besehen scheint diese Lehre richtig zu sein, aber nur so lange, bis man sie näher zu erproben versucht. Das Christentum ist wie Wasser. Wenn Sie jemandem etwas zu trinken geben wollen, müssen Sie ein Gefäß haben. Das können entweder Ihre hohlen Hände sein oder ein erlesenes Glas; auf alle Fälle brauchen Sie aber ein Gefäß. Die hohlen Hände sind ebenso ein Gefäß wie ein kunstvoll geschliffenes Glas. Das Ausschlag gebende ist, dass jede Form von Christentum ein Gefäß braucht, wobei natürlich das Gefäß nur eine sekundäre Rolle spielt. Die zweite Schwierigkeit besteht darin, dass man niemals die Fremdartigkeit des Christentums umgehen kann. Nicht weil es aus Europa kam, denn zunächst kam es ja als fremdes Element erst einmal nach Europa, sondern weil es von Gott kam. Das Christentum ist durch und durch fremdartig. Es lässt sich nicht absorbieren und wird auch niemals ein echter Bestandteil des Volkscharakters werden.

 

Die dritte Geisteshaltung wird von einer kleinen Gruppe von Menschen vertreten, die sich anmaßt, schon vorher zu wissen, wie die einheimische Form des Christentums auszusehen habe. Diese Menschen gehen von der Annahme aus, dass sie bereits von Anfang an ihre christliche Verkündigung und Lehre in diese Form bringen können. Das ist Anmaßung. Ebenso gut könnte man ein Kind in der Wiege betrachten und entscheiden, was aus ihm einmal wird, wenn es 5o Jahre alt ist. Jedes Volk hat seine Eigenart, die die Form beeinflusst, die das Christentum annimmt, wenn es sich mit dem Volkscharakter verbindet. Wie diese Form dann aussehen wird, kann man unmöglich voraussagen. Das Resultat ist dann, dass die lebendige, fundamentale christliche Lehre geopfert wird, um das Christentum so zu gestalten, dass es in irgendeine frühere Form des Heidentums hineinpasst.

 

Die Schwierigkeit bestand auf der ganzen Linie darin, dass man das zentrale Anliegen aus den Augen verlor und dass die Menschen durch sekundäre Dinge von diesem Anliegen abgelenkt worden sind. Es spielt keine Rolle, ob Sie Pakistani oder Ausländer sind; als Gottes Werkzeug sind Sie in erster Linie nicht an der Kultur, den Traditionen, der Politik oder den Religionen eines Landes interessiert; Sie leben zwar in dieser Welt, sind aber nicht von dieser Welt.

 

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will damit sagen, dass Sie in Ihrem Leben kein anderes Ziel haben als die Verkündigung des Evangeliums. Wenn es in diesem Land, in dem Sie missionieren, eine Kultur gibt - gewöhnlich eine heidnische - dann ist es nicht Ihre Aufgabe, sie zu retten (das können Sie sowieso nicht), sondern das Kreuz fest in diese Kultur einzupflanzen. Bringt das Kreuz diese Kultur zu Fall - nun gut, dann war sie zum Untergang bestimmt. Bei Ihren Bemühungen, das Kreuz dort einzupflanzen, sollten Sie keinen Gedanken, kein Wort, keine Sitte und keinen Brauch, die wirklich nützlich sein könnten, verächtlich von der Hand weisen.